Individualarbeitsrecht in Spanien: Begründung des Arbeitsverhältnisses

Das Individualarbeitsrecht ist im Wesentlichen im so genannten Arbeitnehmerstatut (Estatuto de los Trabajadores, im Folgenden: ET) vom 10.3.1980 geregelt. Der spanische Gesetzgeber kam mit dessen Erlass einer ausdrücklichen Weisung der damals erst 15 Monate alten Verfassung nach.

Es gibt jedoch Sondervorschriften für bestimmte Arten von Arbeitnehmern, wie z.B. Führungskräfte, Sportler, Handelsvertreter etc.

Individualarbeitsrecht: die Begründung des Arbeitsverhältnisses

Verpflichtungen des Arbeitgebers

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber beim Abschluss des Arbeitsvertrages ebenso wie in Deutschland frei in der Auswahl seiner Arbeitnehmer. Hierbei kann er sich insbesondere der Hilfe der unentgeltlich arbeitenden öffentlichen Arbeitsämter (servicios públicos de empleo) bedienen. Jedoch bestehen aufgrund der sensiblen Kräfteverhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ebenso wie in Deutschland zahlreiche gesetzliche Beschränkungen der Vertragsfreiheit.

Diskriminierungsverbot

Bereits aus der spanischen Verfassung leitet sich das Verbot der Ungleichbehandlung durch den Arbeitgeber, insbesondere aufgrund des Alters, des Geschlechts, der Herkunft, der Rasse, des Personenstands, der Religion oder politischen Einstellung und der Gewerkschaftsangehörigkeit des Arbeitnehmers, ab.

Dieses Diskriminierungsverbot wirkt sich dabei nicht erst bei der Vertragsdurchführung – etwa in Fragen der gleichen Entlohnung oder Arbeitszeit -, sondern bereits bei Vertragsschluss aus:

  • Diskriminierende Bestimmungen in Arbeitsverträgen sind unwirksam.
  • Ein Arbeitgeber, der einen Arbeitsplatz öffentlich ausschreibt und dabei unerlaubte Unterscheidungsmerkmale zugrunde legt, hat empfindliche Geldbußen zu gewärtigen (3.005,07 bis 90.151,82 EUR). Freilich erscheinen in der Praxis – häufiger noch als in Deutschland – immer wieder diskriminierende Stellenanzeigen, wie etwa: Se busca secretaria/abogado (Sekretärin/Rechtsanwalt gesucht), ohne dass dies jedes Mal eine Ahndung nach sich ziehen würde.

Insbesondere die geschlechterbezogene Diskriminierung durch den Arbeitgeber hat – ebenso wie in Deutschland – die Gerichte beschäftigt. So kann die nicht auf sachlichen Gründen beruhende Weigerung eines Arbeitgebers, eine schwangere Frau zu beschäftigen, eine verbotene Diskriminierung darstellen und eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers auslösen.

Zugunsten von Menschen mit Behinderungen bestehen auch in Spanien Einstellungsverpflichtungen nach bestimmten Quoten: Öffentliche und private Unternehmen, die 50 oder mehr Arbeitnehmer beschäftigen, sind verpflichtet, mindestens zu zwei Prozent Arbeitnehmer mit körperlichen Einschränkungen einzustellen. Bei einem Verstoß drohen dem Arbeitgeber Geldbußen zwischen 300,52 und 3.005,06 EUR. Auf der anderen Seite kommt der Arbeitgeber bei der Einstellung körperlich beeinträchtigter Menschen in den Genuss steuerlicher Vergünstigungen.

Meldepflichten

Des Weiteren bestehen auf Arbeitgeberseite umfangreiche Meldepflichten:

Der Inhalt jedes neu geschlossenen oder verlängerten Arbeitsvertrages ist dem zuständigen Arbeitsamt (oficina de empleo) innerhalb einer Frist von zehn Arbeitstagen (hierzu zählt auch der Samstag) in Form einer Kopie des entsprechenden Vertrages mitzuteilen. Die ebenfalls vorgeschriebene Meldung der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ist hierbei nicht fristgebunden. Die Verletzung der Meldepflicht kann für den Arbeitgeber Geldbußen zwischen 30,05 und 300,51 EUR nach sich ziehen.

Innerhalb derselben Frist von zehn Arbeitstagen muss dem Betriebsrat (representación legal de los trabajadores) jeder neue Arbeitsvertrag in Kopie angezeigt werden. Diese Kopie wird von der Arbeitnehmervertretung unterzeichnet und anschließend an das Arbeitsamt weitergeleitet. Die Verletzung dieser Anzeigepflichten bedingt Geldbußen zwischen 300,52 und 3.005,06 EUR für den Arbeitgeber.

Im Falle des bloß mündlich geschlossenen Arbeitsvertrages, dessen Laufzeit sich über mehr als vier Wochen erstreckt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer schriftlich über den wesentlichen Vertragsinhalt zu informieren.

Ausländische Arbeitnehmer

Für ausländische Arbeitnehmer, die Angehörige eines EU-Staates sind, gelten wegen des europarechtlichen Grundsatzes der Freizügigkeit dieselben Regeln wie für spanische Arbeitnehmer. Allerdings war bis zu deren Abschaffung im Jahr 2003 für ausländische EU-Bürger eine Aufenthaltsbescheinigung (tarjeta de residencia) erforderlich, sofern der Aufenthalt sich über mehr als drei Monate erstreckte. Dieses Erfordernis besteht nun nicht mehr für abhängig oder selbständig Berufstätige, sondern nur noch für Rentner oder Pensionäre, die vor ihrem Ruhestand in Spanien nicht berufstätig waren. Gegenwärtig ist bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten für Berufstätige nur die Anmeldung beim zuständigen Gemeinde- und Einwohnermeldeamt (ayuntamiento) am Wohnsitz erforderlich (empadronamiento). Hierzu ist neben einem gültigen deutschen Reisepass auch der Nachweis über den Wohnsitz in der entsprechenden Gemeinde (durch Mietvertrag, Nachweis von Grundeigentum etc.) vorzulegen. In steuerrechtlicher Hinsicht ist eine Steueridentifikationsnummer für Ausländer (Número de identifción fiscal para extranjeros, kurz: N.I.E.) zu beantragen.

Für ausländische Arbeitnehmer, die nicht Angehörige eines EU-Staates sind (trabajadores extranjeros no comunitarios), ist ein umfangreiches Verfahren erforderlich, auf das hier nicht näher eingegangen werden soll.

Dieser Beitrag ist nicht als Rechtsberatung zu verstehen

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Karl H. Lincke, Partner der Kanzlei, hat Rechtswissenschaften studiert und ist auf Mergers & Acquisitions, Gesellschaftsrecht und TMT spezialisiert. Arbeitssprachen: Spanisch, Deutsch und Englisch. Bitte zögern Sie nicht Karl Lincke zu kontaktieren, wenn Sie eine Anfrage diesbezüglich stellen möchten.