Kommentierung der Reform des Konkursgesetzes 38/2011 in Spanien

Das Gesetz 38/2011 vom 10.10., welches das Konkursgesetz 22/2003 vom 9.7. reformiert, ist unbeschadet einiger Bestimmungen, die schon am 12. Oktober des vergangenen Jahres in Kraft getreten sind, am 1. Januar 2012 in Kraft getreten.

Anlässlich der aktuellen wirtschaftlichen Situation, scheint die Überarbeitung der Norm hauptsächlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgenommen worden zu sein.

Zusammengefasst sind die Ziele des neuen Gesetzes eine verbesserte Rechtssicherheit im Konkursrecht, die Eröffnung neuer Wege, um das Gleichgewicht zwischen der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit eines Unternehmens und den notwendigen Rechtsgarantien im Konkurs zu finden, der Anstoβ zur Benutzung elektronischer Mittel im Konkursverfahren, die Vereinfachung und Beschleunigung des Konkursprozesses und eine wesentliche Verbesserung der Rechtsposition der Arbeitnehmer.

Es wurde mithin versucht, die Rolle des Konkurses im Dienste der wirschaftlichen Lebensfähigkeit und Dynamisierung der spanischen Unternehmennetzes zu normieren.

Im Folgenden werden wir zunächst die verschiedenen Ziele des Gesetzes analysieren, bevor wir dann zu einer kurzen und kritischen Stellungnahme hinsichtlich dessen Unzulänglichkeiten kommen.

Vertiefung der Alternativen zum Konkurs oder dem Konkurs vorgeschaltete Einrichtungen

Eine von juristischem Ballast entschlackte, agilere und kostengünstigere Alternative wird nunmehr auf dem Weg sogenannter Refinanzierungsabkommen angeboten. Dabei kann der Schuldner dem Gericht formell die Aufnahme von Verhandlungen mit Gläubigern mitteilen, mit denen er versucht ein Refinanzierungsabkommen abzischlieβen. Es ist dann möglich, dieses Abkommen amtlich anerkennen zu lassen. Zu beachten ist, dass diese Refinanzierungsabkommen auf einem Plan beruhen müssen, der die kurz- und mittelfristige Fortführung der unternehmerischen Tätigkeit sicherstellt.

Mit dem Ziel, den in auf der Suche nach Refinanzierung befindlichen Gesellschaften Liquidität zu verschaffen, wurde das angelsächsische Modell des fresh money eingeführt, welches es den Gläubigern, die neue Einlagen leisten, ermöglicht, 50% derselben als Masseverbindlichkeiten anzusehen. Mit anderen Worten geht es darum, dass es Investoren Anreize geboten werden sollen, in diese Gesellschaften zu investieren und ihnen so die Lebensfähigkeit und Fortführung ihrer Aktivitäten zu ermöglichen.

Das Insolvenzverfahren sollte sich nicht länger als nötig hinziehen, um den Beteiligten nicht durch den Wertverlust der Güter der Kunkursmasse zu schaden.

Das Gesetz nimmt sich der Regelung des abgekürzten Konkursverfahrens an, durch das sowohl Kosten als auch der Zeitraum des Verfahrens reduziert werden sollen. Die Entscheidung darüber, ob dieses Verfahren zur Anwendung kommt, obliegt dem Richter, der nach folgenden Kriterien eine Einzelfallentscheidung trifft: Situation der in des Unternehmens, Anzahl der Angestellten, mögliche Verhandlungen über einen Verkauf oder eine Umstrukturierung.

Das Gesetz verbessert ebenfalls das System des öffentlichen Konkursregisters, welches von nun an als Instrument für mehr Transparenz von Insolvenzen dienen soll und somit mehr Sicherheit für alle am Konkurs Beteiligten bietet.

Um das hergebrachte, ausführliche Konkursverfahren weiterhin attraktiv zu halten, gibt es nun die Möglichkeit, strukturelle Veränderungen während des Konkurses vorzunehmen. Auβerdem können nunmehr Konkursforderungen gekauft werden.

Verbesserung des Schutzes der vom Konkurs betroffenen Arbeitnehmer und anhängige soziale Fragen

Die neuen Bestimmungen im Art. 64 des Konkursgesetzes versuchen Konflikte zu vermeiden, die zu Lasten der Arbeitnehmer gehen würden, sodass der Impakt, den ein Konkurs auf selbige hat, nunmehr stärker in den Blickpunkt rückt.

Auch werden die Maβnahmen nunmehr mit der letzten Arbeitsrechtsreform abgestimmt, sodass, sobald die Insolvenz angemeldet wurde, alle kollektiven Auflösungen von Arbeitsbeziehungen vor dem Konkursrichter zu erledigen sind.

Die Wichtigkeit der Rolle der Konkursverwalter

Die Voraussetzungen, um als Konkursverwalter benannt werden zu können werden ebenso vergröβert, wie die Professionalisierung vorangetrieben wird. Dabei gibt es vor allem zwei grundlegende Neuigkeiten zu beachten:

  • Es wird verstärkt davon ausgegangen, dass die Konkursverwaltung aus einer einzigen Person besteht, welches Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung und die Kostenersparnis mit sich bringt. Dieses Modell wird schon jetzt in vielen Ländern praktiziert und ist das dem Funktionieren des Systems zuträglichste
  • Weiterhin kann nunmehr auch eine juristische Person Konkursverwalter sein. Diese Option wird ebenfalls die Kosten reduzieren, ermöglicht es doch Richtern, speziell in diesem Bereich tätige Unternehmen mit dieser Aufgabe zu betrauen.

Das Gesetz will auch die verschiedenen Verantwortlichkeitssysteme vereinheitlichen, die nebeneinander existieren können:

  • Die Konkursverwaltung ist die, die nunmehr notwendig die Verantwortung für die Schäden an der Gesellschaft, während des Konkursverfahrens durch ihre Schuld entstehen, übernehmen muss
  • Die Verantwortung im Konkursverfahren für das Defizit in der Liquidation wird beibehalten, obschon das juristische Verfahren, wie Konflikte gelöst werden können, zu verbessern versucht

Die Genauigkeit des juristischen Systems in einigen Aspekten des Konkurses

Es erscheint uns angebracht, vorliegend zwei Punkte zu unterscheiden:

  • Die Stärkung der verbundenen Konkurse: Im Titel I des neuen Gesetzes wird ein Kapitel III eingefügt, dessen Bestimmungen nunmehr vorsehen, dass Konkurse, die zusammen erklärt wurden, auch zusammen behandelt werden, ohne dass jedoch die Aktiv- und Passivmasse konsolidiert würden
  • Die genauere Regelung im Fall unzureichender Konkursmasse: es wird eine Reihenfolge festgelegt, in der Konkursforderungen beglichen werden sollen, für den Fall, dass die aktive Masse nicht ausreicht. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Konkursverfahren ohne (hinreichende) Konkursmasse regelmässig am längsten hingezogen haben.

Gegenwärtig wird das Konkursverfahren als natürliches Verfahren der Krisenbewältigung eines Unternehmens nur selten genutzt. In Spanien liegt dem ein kulturelles Problem zugrunde, weswegen die weit überwiegende Mehrheit der im Konkurs befindlichen Unternehmen aufgelöst werden: unter Unternehmern ist es immer noch weit verbreitet, den eigenen Konkurs als Schande anzusehen, sodass er so weit wie möglich herausgezögert wird. Häufig ist es bei der Konkursanmeldung dann schon zu stät.

Des Weiteren kollabieren Konkursrichter hierzulande aufgrund der Finanzkrise und dem damit verbundenen Anstieg von Konkursen, sowie einer unzureichenden Ausstattung mit qualifiziertem Personal unter der Anzahl der zu bearbeitenden Fälle, was eine weitere Verzögerung bedeutet.

Trotz des Umstandes, dass das neue Gesetz die Refinanzierungsabkommen und das Konkursverwalterwesen in Angriff nimmt, so scheint es doch nicht so, dass die Neuerungen die Probleme der letzten Jahre gänzlich aus der Welt schaffen kann. Die Mittel der Justiz, um alle Interessen hinreichend zu schützen sind weiterhin unzureichend. Es fehlt eine entsprechende Reform der Handelsgerichte und Lösungen für die Verschuldungen von Familien und Einzelpersonen. Nicht zuletzt muss auf das niedrige Befriedigungsniveau von Gläubigern verwiesen werden, das aus dem verspäteten oder Nichtgebrauch des Konkursverfahrens resultiert – welches eigentlich die natürliche Art der Krisenbewältigung in Unternehmen sein sollte.

Leyre Barragán

Dieser Beitrag ist nicht als Rechtsberatung zu verstehen

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