Informationsvermerk: Das neue Insolvenzgesetz in Spanien (RDL1/2020)

Es folgt ein kurzer Informationsvermerk zum Königlichen Gesetzesdekret 1/2020 vom 5. Mai, welches die Neufassung des Insolvenzgesetzes beschließt, und ein allgemeiner Überblick über dessen Struktur und Hauptmerkmale.

Nach mehreren Jahren des Wartens wurde am 7. Mai 2020 das neue Insolvenzgesetz im spanischen Amtsblatt BOE (Boletín Oficial del Estado) veröffentlicht, konkret das Königliche Gesetzesdekret 1/2020 vom 5. Mai, welches den überarbeiteten Text des Insolvenzgesetzes beschließt.

Die neuen Vorschriften wurden mitten in der durch das COVID-19 verursachten Gesundheitskrise veröffentlicht, wenige Tage nach der Verabschiedung eines Maßnahmenpakets der Regierung zur Flexibilisierung des Insolvenzverfahrens und zur Vermeidung einer Flut an Insolvenzverfahren von Unternehmen (konkret das Königliche Dekret 16/2020 vom 28. April über verfahrenstechnische und organisatorische Maßnahmen zur Behandlung des COVID-19 im Bereich der Justizverwaltung).

Dennoch tritt das neue Insolvenzrecht erst am 1. September 2020 in Kraft.

Seit dem Inkrafttreten des geltenden Insolvenzgesetzes 22/2003 vom 9. Juli wurde dieses mehrfach durch aufeinanderfolgende Gesetze und Gesetzesdekrete geändert und reformiert, um es an die neuen Umstände und wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Dies hat dazu geführt, dass die Insolvenzvorschriften, angesichts der Vielzahl der anwendbaren gesetzlichen Vorschriften, derzeit verstreut und verworren sind.

In diesem Sinne überarbeitet das neue Insolvenzgesetz, wie sein Name schon sagt, die verschiedenen Änderungen und Ergänzungen des Insolvenzgesetzes 22/2003 vom 9. Juli 2003, indem es das Problem der verstreuten Gesetzgebung löst und durch ein einziges Regelwerk ordnet, klarstellt und harmonisiert.

Infolgedessen enthält das neue Insolvenzgesetz jetzt über 752 Artikel (im Vergleich zu etwas mehr als 250 im Insolvenzgesetz 22/2003 vom 9. Juli 2003). Eine Analyse des Gesetzestextes ergibt, dass keine wesentlichen Neuerungen in Bezug auf das materielle Recht zu erkennen sind und dieses somit im Wesentlichen gleichbleibt.

Die oben erwähnten 752 Artikel der neuen Norm sind in drei Bücher unterteilt:

  • Buch I: Insolvenzverfahren
  • Buch II: Rechte vor der Insolvenz
  • Buch III: Regeln des Internationalen Privatrechts.

Das neue Insolvenzgesetz, Buch I

Buch I ist das umfangreichste und widmet sich dem Insolvenzverfahren und den verschiedenen mit dem Verfahren verbundenen Fragen. Diesbezüglich wurden im Hinblick auf das Insolvenzgesetz 22/2003 vom 9. Juli 2003 Änderungen bei der Verteilung und Reihenfolge der Gebiete vorgenommen. So gibt es z.B. einen spezifischen Titel über die Organe des Insolvenzverfahrens, der in zwei Kapitel unterteilt ist, von denen eines sich dem Insolvenzrichter und das andere der Insolvenzverwaltung widmet; es gibt einen Titel über die Aktivmasse und einen weiteren über die Passivmasse; es gibt einen Titel über den Bericht der Insolvenzverwaltung; spezifischen Titel gibt es für die Auszahlung der Kredite an die Gläubiger usw.

Das neue Insolvenzgesetz, Buch II

Buch II befasst sich mit dem Recht vor dem Konkurs und ist in vier unabhängige Titel unterteilt:

  • Mitteilung über die Aufnahme von Verhandlungen mit Gläubigern
  • Refinanzierungsvereinbarungen
  • Vereinbarungen über eine außergerichtliche Zahlung
  • Besonderheiten aufeinanderfolgender Insolvenzverfahren.

Das neue Insolvenzgesetz, Buch III

Schließlich enthält Buch III die Regeln des internationalen Privatrechts, die bisher in Titel IX des Insolvenzgesetzes 22/2003 vom 9. Juli 2003 geregelt waren. Der Grund für die Schaffung dieses letzten unabhängigen Buches ist in der Verordnung (EU) 2015/848. Bisher gab es zwar Regeln des internationalen Privatrechts, diese beschränkte sich jedoch ausschließlich auf Insolvenzverfahren, nun müssen sie aber auch auf Refinanzierungsvereinbarungen und außergerichtliche Einigungen angewandt werden. Daher bedurfte es dieser Änderung in der neuen Norm, damit dem gleichen systematischen Ansatz gefolgt werden kann.

Ziele des neuen Insolvenzgesetzes in Spanien

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen können wir nach einer vorläufigen Analyse des neuen Gesetzestextes und wie wir zu Beginn dieses Informationsvermerks erwähnt haben, den Schluss ziehen, dass das neue Insolvenzgesetz drei Hauptziele verfolgt: Reorganisation, Klarstellung und Harmonisierung.

Im Hinblick auf das erste der Ziele ist zu erkennen wie das neue Insolvenzgesetz die verschiedenen Rechtsinhalte neu geordnet hat, was die Identifizierung derselben und ihrer Funktion erleichtert. Dies hat zu einer neuen Verteilung und zur Übertragung und Verlagerung vieler Artikel geführt. So hat neben vielen anderen Beispielen der Titel IV von Buch I, der sich der Aktivmasse gewidmet ist, Themen wie Regelungen zur Wiederherstellung oder Verringerung sowie die Regelungen über Forderungen gegen das Vermögen aufgenommen.

Zweitens wurden durch die neue Gesetzgebung viele Artikel umformuliert, um sie präziser und klarer zu gestalten, ohne jedoch ihren rechtlichen Inhalt zu verändern, und auch die Begriffe wurden vereinheitlicht. Es wurden auch bestehende Widersprüche zwischen verschiedenen Regelungen beseitigt, doppelte oder unnötige Regelungen gestrichen und einige bestehende Lücken geschlossen.

Drittens wurde wichtige Harmonisierungsarbeit geleistet. Anstatt in einer einzigen Vorschrift verschiedene Fragen zu regeln, widmet das neue Insolvenzgesetz jedem spezifischen Thema einen Artikel. So hat vereinzelt ein einziger Artikel des Insolvenzgesetzes 22/2003 vom 9. Juli zu einem Kapitel, Abschnitt oder sogar einem ganzen Titel im neuen Gesetz geführt; unter anderem Artikel 5 bis, über die Mitteilung von Verhandlungen mit den Gläubigern (derzeit in Buch Zwei, Titel I, Kapitel I, Artikel 583 und ff.), oder Artikel 64, über die Wirkungen der Insolvenzerklärung auf Arbeitsverträge (derzeit in Buch Eins, Titel III, Kapitel IV, Abschnitt 4, Artikel 169 und ff.) Auch Artikel 71a über das besondere System der Kündigung bestimmter Refinanzierungsvereinbarungen und die 4. Zusatzbestimmung über die Genehmigung solcher Vereinbarungen, aus denen ein ganzer Titel hervorgegangen ist (derzeit, zweites Buch, Titel II, Artikel 596 und ff.).

Schließlich ist anzumerken, dass das neue Gesetz, wie in der Präambel des neuen Gesetzes auch angegeben asl Grundlage für:

  • Die Umsetzung der Richtlinie 2019/1023 vom 20. Juni 2010 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote, deren Frist für die Übernahme ins spanische Recht im Januar 2021 abläuft, dienen soll; ferner soll das neue Gesetz
  • Die Durchführung künftiger normative Reformen ermöglichen, um die durch COVID-19 verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen abzumildern; diese Reformen könnten dann zu den bereits im Königlichen Gesetzesdekret 16/2020 vom 28. April verabschiedeten Sondermaßnahmen hinzutreten.

Dieser Beitrag ist nicht als Rechtsberatung zu verstehen

José María Mesa hat Rechtswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre studiert und ist auf Handelsverträge, Gesellschaftsrecht sowie Mergers & Acquisitions spezialisiert. Arbeitssprachen: Spanisch und Englisch. Bitte zögern Sie nicht José María Mesa zu kontaktieren, wenn Sie eine Anfrage diesbezüglich stellen möchten.