Insolvenzrechtliche Regelungen während der Covid-19 Krise in Deutschland und Spanien

In diesem Beitrag werden zwei der relevantesten insolvenzrechtlichen Regelungen, die während der Covid-19 Krise in Deutschland und Spanien eingeführt wurden, verglichen. Insbesondere hinsichtlich der Aussetzung der Fristen zur Insolvenzeinleitung und zur Anfechtung von Rechtshandlungen des insolventen Unternehmens während dieser Aussetzung.

Die Insolvenzantragspflicht

Überschuldete deutsche Unternehmen die ihre Zahlungsverpflichtungen und Kredite nicht mehr bedienen können, müssen i.d.R. innerhalb von drei Wochen ihren Insolvenzantrag in Deutschland einreichen.

Die Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO, § 42 Abs. 2 BGB) für von der Corona-Pandemie betroffene Unternehmen wird nun im Rahmen des Art. 1 §1 COVInsAG bis zum 30. September 2020 ausgesetzt werden. Die zentrale Vorschrift lautet:

Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO und nach § 42 Absatz 2 BGB ist bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2 (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 ist demnach die Regel. Sie greift lediglich dann nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht oder grundsätzlich keine Aussicht auf eine Verbesserung der finanziellen Situation des Unternehmens besteht.

Auch Insolvenzanträge von Gläubigern werden durch die Änderungen eingeschränkt. Für Gläubigeranträge, die innerhalb von drei Monaten ab Inkrafttreten des Gesetzes am 25. März 2020 gestellt werden, wird vorausgesetzt, dass der Insolvenzgrund bereits am 1. März 2020 vorlag.

Auch in Spanien legt Artikel 43.1 des im Rahmen des Coronavirus erlassenen Königlichen Dekrets 8/2020 fest, dass Schuldner, die sich im Zustand der Zahlungsunfähigkeit befinden, während des verhängten Alarmzustandes aufgrund von Covid-19 nicht dazu verpflichtet sind einen Insolvenzantrag zu stellen.

Ebenso werden die Gerichte bis zwei Monate nach Beendigung des Alarmzustandes keine Anträge zum Insolvenzverfahren von Gläubigern zulassen. Somit lässt sich die spanische Gesetzgebung von vornherein mehr Flexibilität bezüglich des Zeitraums des Alarmzustandes offen. Deutschland hat die Möglichkeit einer Fristenverschiebung vom 30. September 2020 hingegen separat in seinem Gesetzespaket formuliert.

Anfechtung von Rechtshandlungen in einer Insolvenz

Grundsätzlich besteht das Risiko, dass Schuldner Leistungen und Zahlungen infolge späterer Insolvenzanfechtungen wieder herausgeben müssen. Deshalb sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser zu Recht beanspruchen konnte, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar.

Kongruente Rechtshandlungen sind dann auch in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar, außer der Anfechtungsgegner wusste, dass die finanziellen Bemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit gedacht waren. Von diesem Anfechtungsverbot umfasst sind auch Leistungen an Erfüllung statt oder erfüllungshalber, Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners, die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit sowie die Verkürzung von Zahlungszielen und die Gewährung von Zahlungserleichterungen. Selbst die Rückführung von Gesellschafterdarlehen wird durch das Gesetz geschützt.

In Spanien gibt es hingegen keine konkreten gesetzlichen Regelungen bezüglich der Anfechtung von Rechtshandlungen in Insolvenzen wegen COvid-19.

Jedoch wurden die in den Verfahrensgesetzen für alle gerichtlichen Anordnungen vorgesehenen Fristen ausgesetzt und unterbrochen. Sie werden erst wiederaufgenommen, wenn der mit Königlichen Dekret 463/2020 vom 14. März im Rahmen der Pandemie deklarierte Alarmzustand nicht mehr in Kraft ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es insoweit wie in Deutschland auch bald eine Regelung geben wird, sowohl zur Anfechtung von Rechtshandlungen als auch zu anderen Aspekten des mit COvid-19 verbundenen Konkursrechts. Zumindest dürften die Gerichte analoge Auslegungskriterien zwischenzeitlich für die Anfechtung von Rechtshandlungen in Insolvenzen wegen COvid-19 anwenden.

Dieser Beitrag ist nicht als Rechtsberatung zu verstehen

Karl H. Lincke, Partner der Kanzlei, hat Rechtswissenschaften studiert und ist auf Mergers & Acquisitions, Gesellschaftsrecht und TMT spezialisiert. Arbeitssprachen: Spanisch, Deutsch und Englisch. Bitte zögern Sie nicht Karl Lincke zu kontaktieren, wenn Sie eine Anfrage diesbezüglich stellen möchten.