Neue spanische Berufsordnung für Rechtsanwälte

Sowohl für in Spanien tätige Rechtsanwälte als auch für ihre Mandanten sind oftmals die genauen rechtlichen Grenzen und Möglichkeiten, die mit der Berufsausübung oder der Übernahme eines Mandats einhergehen, nicht ganz scharf. Im Folgenden sollen die wichtigsten Regelungen der am 01. Juli 2021 in Kraft tretenden neuen spanischen Berufsordnung für Rechtsanwälte (Nuevo Estatuto General de la Abogacía) auf den Punkt gebracht werden.

Dabei lassen sich die Regelungen systematisch in die folgenden fünf Kategorien einteilen:

  • Berufsausübungsregelungen
  • Transparenzgebot
  • Werbung für Dienstleistungen
  • Weiterbildungsgebot
  • Verbraucherschutz.

Berufsausübungsregelungen

Nach einer langen Diskussion über die Verbesserung von Berufsausübungsregelungen für Rechtsanwälte in Spanien haben auf Vorschlag des Allgemeinen Rates der spanischen Rechtsanwaltskammer (Consejo General de la Abogacía Española) und zu Gunsten der Rechtsanwälte u.a. folgende Neuregelungen ausdrücklich in die Berufsordnung gefunden:

  • EU-weite Dienstleistungsfreiheit
  • Stärkung des Rechts auf Berufsgeheimnis
  • Anerkennung von Beschwerden der Rechtsanwaltskammern vor dem Generalrat der rechtsprechenden Gewalt (Consejo General del Poder Judicial) bei Verzögerungen bei den Gerichten oder wenn die Unabhängigkeit eines Anwalts in Gefahr ist

Transparenzgebot

Weiterhin werden aber auch Verpflichtungen der Rechtsanwaltskammern statuiert, die vor allem die Transparenz von internen Verwaltungsprozessen und den Zugang zu Informationen für Fachleute und interessierte Bürger sicherstellen sollen. Dabei ist die Bestimmung, diese Informationen einfach und vor allem digital zugänglich zu machen, geradezu auf die aktuellen, pandemiebedingten Umstände zugeschnitten.

Dieser moderne Blickwinkel auf den Anwaltsberuf hat auch zuletzt wörtlich in den neuen Gesetzestext der Berufsordnung gefunden, indem er konkret die Möglichkeit der Erbringung von Dienstleitungen mit Hilfe telematischer Mittel benennt.

Werbung für Dienstleistungen

Vor allem heutzutage stellt sich im Kontext digitaler Freiheiten oft die Frage nach dem Rechtsrahmen für Öffentlichkeitsarbeit bzw. Werbung hinsichtlich der Dienstleistungen eines Rechtsanwalts. Dahingehend war die Rechtslage lange sehr vage gehalten. Die neue spanische Berufsordnung für Rechtsanwälte räumt alte Zweifel aus dem Weg, indem sie zwar einen Grundsatz der Freiheit anerkennt, aber klare Grenzen festlegt, wie z. B. die Verpflichtung, keine Ergebnisse zu garantieren oder Konflikte zu schüren. Dabei werden die von den Rechtsanwaltskammern herausgearbeiteten, allgemeinen berufsethischen Prinzipien zugrunde gelegt.

Weiterbildungsgebot

Berufsethik spielt allerdings nicht nur im Bereich von Werbung eine große Rolle. Auch die Qualitätssicherung rechtlicher Beratung ist einer der wichtigsten Werte, die die neue Berufsordnung unter zwei Aspekten besonders schützen und garantieren will. Zum einen räumt sie das Recht der Rechtsanwälte ein, sich zu spezialisieren und zum anderen ordnet sie die gesetzliche Pflicht an, sich kontinuierlich fortzubilden.

Verbraucherschutz

Die genannten Regelungen sollen vor allem auch den Verbraucherschutz im Rechtssektor ausweiten, was insbesondere durch folgende Verpflichtungen für die Rechtsanwälte deutlich wird:

  • Ausweisungspflicht der Rechtsanwälte mit Namen und Mitgliedsnummer bei der Rechtsanwaltskammer
  • Pflicht der Angabe der angehörigen Rechtsanwaltskammer in Mitteilungen
  • Verpflichtung der Übermittlung einer Gebührentabelle/eines Kostenvoranschlags

Mit den genannten Formalitäten soll im Wesentlichen ein vereinfachtes Beschwerdesystem bei den Rechtsanwaltskammern für den Verbraucher eingerichtet werden.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die gesetzlichen Erneuerungen sowohl digitale und organisatorische Freiheiten für Rechtsanwälte eröffnen als auch den Verbraucher in adäquater Weise schützen. Dabei scheint ein guter Überblick über die Gesetzeslage wertvoll, um im Arbeitsalltag rechtliche Möglichkeiten voll ausschöpfen zu können und gleichzeitig im Rahmen der gesetzlichen Grenzen zu agieren.

Isabel Cadenbach & Pia V. Kohrs

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Dieser Beitrag ist nicht als Rechtsberatung zu verstehen

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