Präventive Empfehlungen zur Forderungsbeitreibung in Spanien

Unsere erste Empfehlung zur Forderungsbeitreibung in Spanien lautet vorab, dass Sie beim Erstgeschäft darauf achten sollten, dass Ihnen der genaue Firmenwortlaut einschließlich Rechtsform, die Anschrift Ihres Kunden (sowie die Umsatzsteuer-Identifikations-Nr. = N.I.F. für natürliche Personen bzw. für Kapitalgesellschaften) bekanntgegeben werden.

Wir empfehlen Ihnen grundsätzlich, Bonitätsauskünfte über künftige aber auch bestehende Geschäftspartner einzuholen. Es gibt zahlreiche Wirtschaftsinformationsdienste, die zur Verfügung stehen und dabei helfen vorab Forderungsausfälle zu vermeiden.

Allgemeine Geschäftsbedingungen (agb)

Damit Ihre (branchenüblichen) AGB rechtswirksam (gemäß Art. 5 des spanischen AGB-Gesetzes vom 13.04.1998, Ley 7/1998 sobre Condiciones Generales de la Contratación) Bestandteil des Vertrages werden, sollten diese aufgrund der sehr restriktiven Haltung der spanischen Justiz als Bestandteil des abgeschlossenen Vertrages von Ihrem Kunden durch Unterschrift anerkannt sein.

Daneben möchten wir Sie auf nachfolgende nationale Besonderheiten besonders aufmerksam machen:

Eigentumsvorbehalt

Der Eigentumsvorbehalt bedarf, um Dritten gegenüber wirksam zu sein (Konkurs, Ausgleich und Weiterveräußerung der Ware) grundsätzlich einer Ausfertigung in notarieller Urkunde. In der Praxis lässt sich daher der Eigentumsvorbehalt in der in Deutschland bekannten Form kaum vereinbaren.

Allerdings kennt das spanische Recht ein eigens hierfür eingerichtetes Register für Ratenzahlungskäufe von beweglichen, identifizierbaren und nicht konsumierbaren Gegenständen. Nach entsprechender Ausfertigung des Ratenzahlungskaufes auf dem dafür vorgesehenen Formularvordruck und Eintragung in diesem Register kommt ein Eigentumsvorbehalt zustande, der Drittgläubigern entgegengehalten werden kann.

Kommt der Käufer seinen Verpflichtungen nicht nach, so hat der Verkäufer im Rahmen eines besonders ausgestalteten Verfahrens ein direktes und ausschließliches Zugriffs- (und Verwertungsrecht auf die durch den Ratenzahlungskauf erworbenen Waren. (Die Voraussetzungen für das Zustandekommen des Ratenzahlungsvertrages mit Eigentumsvorbehalt sind im Einzelnen im Gesetz Ley 28/1998 sobre Venta a Plazos de Bienes Muebles vom 13.Juli 1998 geregelt).

Verzugszinsen

Eine Vereinbarung über Verzugszinsen wird empfohlen. Ohne ausdrückliche Vereinbarung richten sich die Verzugszinsen nach dem gesetzlichen Zinssatz, der jährlich durch das spanische Haushaltsgesetz festgelegt wird und für das Jahr 2020 3,00% beträgt (2019: 3,00 %; 2018: 3,00%; 2017: 3,00%,). Sollte es sich um Zahlungen aus B2B-Transaktionen handeln, erhöht sich dieser Zinssatz beträchtlich (z.B. für das erste Semester 2020 beträgt der Zinssatz 8:00 %). Die spanischen Gerichte neigen dazu, trotz entgegenstehender Vereinbarung die Zinsen erst ab dem Zeitpunkt der Klageeinreichung zuzusprechen. Ein höherer Zinssatz kann grundsätzlich vereinbart werden.

Bitte führen Sie den Zinssatz unbedingt auf der Rechnung oder Auftragsbestätigung an. Dies ist als Nachweis für die Überweisung der Zinsen erforderlich.

Gerichtsstand

Aufgrund der Verordnung des Rates der EU Nr. 1215/2012 (EuGVVO), besteht gegenüber einem Geschäftspartner mit Unternehmenssitz in einem EU-Mitgliedstaat die Möglichkeit, in vereinfachter Form einen deutschen Gerichtsstand zu vereinbaren und somit in Deutschland die Klage einzubringen.

Da die EuGVVO unmittelbar anwendbar ist, fallen die durch innerstaatliche Umsetzungsakte bedingten nationalen Änderungen weg. Damit ist für die Anrufung eines deutschen Gerichts in einem Fall mit internationalem Bezug nach wie vor die gültige Vereinbarung einer Gerichtsstandsklausel notwendig. Änderungen ergeben sich grds. bei den Gerichtsstandsregelungen in Arbeitsrechtsstreitigkeiten und Verbraucherangelegenheiten.

Das Verfahren zur Anerkennungs- bzw. Vollstreckbarerklärung erfolgt auf Antrag umgehend durch das für die Durchführung der Vollstreckung örtlich zuständige Gericht bzw. die in Artikel 75. a.) der EuGVVO angeführten sonstigen Stellen. Diesem Antrag müssen die Original-Entscheidung sowie eine Bescheinigung bzw. Anhang I der EuGVVO beigelegt werden.

Aufgrund nachfolgender Aspekte ist die Forderung dadurch aber nicht schneller und einfacher zu realisieren. Schon bei der Zustellung einer in Deutschland eingereichten Klage an den Schuldner im Rahmen des notwendigen internationalen Rechtshilfeersuchens können mehrere Monate vergehen. Kommt es schlussendlich zu einem stattgebenden Versäumnisurteil, muss dieses wiederum dem Schuldner unter Wahrung der gesetzlichen Fristen und Bestimmungen entsprechend zugestellt werden. Unverändert bleibt jedoch, da es sich vermutlich um einen zahlungsunwilligen Geschäftspartner handelt, dass die vollstreckenden Schritte gegenüber dem Schuldner vor Ort eingeleitet werden müssen. Dazu bedarf es der Vollstreckbarkeitsbescheinigung des rechtskräftigen Urteils durch das deutsche Gericht. Danach kann das deutsche Urteil im Land des Schuldners (Spanien) vollstreckt werden.

Abgesehen von Einzelfällen muss zusammenfassend festgehalten werden, dass nach erfolgloser außergerichtlicher Intervention, die Klageeinreichung im Land des Schuldners derzeit weiterhin als der effizientere Weg anzusehen ist, die ausstehende Forderung wirtschaftlich und relativ rasch zu realisieren.

Inkassogebühren

Zur Zahlung vorprozessualer Kosten (Inkassogebühren, Mahnkosten, außergerichtliche Anwaltshonorare) kann der Schuldner grundsätzlich nicht verpflichtet werden.

Liefernachweis

Zur Durchsetzung Ihrer Forderung in Spanien ist es unbedingt erforderlich, sämtliche Dokumente, insbesondere gegengezeichnete Ablieferungsnachweise im Original vorlegen zu können.

Bitte achten Sie daher darauf, dass Ihr Spediteur die Lieferdokumente entsprechend gegenzeichnen lässt. Bereits bei Auftragsübergabe an unser Kanzlei sollten Sie die Liefernachweise von Ihrem Spediteur anfordern, da diese grundsätzlich nur ein Jahr aufbewahrt werden.

Wenn Sie weitere Informationen oder Empfehlungen zur Forderungsbeitreibung in Spanien benötigen sollten, zögern Sie bitte nicht, sich an uns zu wenden.

Dieser Beitrag ist nicht als Rechtsberatung zu verstehen

Karl H. Lincke, Partner der Kanzlei, hat Rechtswissenschaften studiert und ist auf Mergers & Acquisitions, Gesellschaftsrecht und TMT spezialisiert. Arbeitssprachen: Spanisch, Deutsch und Englisch. Bitte zögern Sie nicht Karl Lincke zu kontaktieren, wenn Sie eine Anfrage diesbezüglich stellen möchten.