Zweite Corona-Welle in Spanien: Wie können Unternehmen in Spanien Kurzarbeit (ERTE) beantragen?

Nach einer leichten Erholung der Lage in den Monaten Mai und Juni, hat sich in den letzten Monaten die Situation durch den Wiederanstieg der Corona-Fallzahlen wieder zunehmend verschlechtert. Aus diesem Grund haben sowohl die spanische Regierung als auch die zuständigen Behörden der einzelnen autonomen Regionen neue Beschränkungen und Maßnahmen zur Eindämmung ergriffen, die Unternehmen aus verschiedenen Branchen unmittelbar beeinträchtigen.

Als Reaktion auf mögliche Beschränkungen wurden durch das königliche Dekret 24/2020 bereits Maßnahmen eingeführt, welche negative Auswirkungen für Unternehmen mindern sollen. Besonders wichtig war in diesem Zusammenhang die Verlängerung von Kurzarbeit –ERTE oder Expediente de Regulación Temporal de Empleo- (welche vor dem 27. Juni 2020 und aufgrund höherer Gewalt beantragt wurde) bis zum 30. September 2020. Eine weitere Maßnahme betrifft die Möglichkeit, Kurzarbeit aufgrund des Wiederanstiegs der Corona-Fallzahlen zu beantragen.

Was ist Kurzarbeit aufgrund des Wiederanstiegs der Corona-Fallzahlen?

Ziel der Kurzarbeit ist eine Flexibilisierung von Anstellungsverhältnissen in Unternehmen, welche von der zweiten Corona-Welle besonders betroffen sind. Im Wesentlichen ist die Maßnahme für Unternehmen bestimmt, deren Geschäftstätigkeit in Folge der neuen Beschränkungen beeinträchtigt wird und welche andernfalls keine neue Kurzarbeit aufgrund höherer Gewalt beantragen könnten.

Voraussetzungen und Vorteile der Kurzarbeit aufgrund des Wiederanstiegs der Corona-Fallzahlen

In der folgenden Tabelle werden die Voraussetzungen und die Auswirkungen der Kurzarbeit aufgrund der zweiten Corona-Welle zusammengefasst.

Kurzarbeit aufgrund höherer Gewalt durch den Wiederanstieg der Corona-Fallzahlen
(Art. 47.3 und 51.7 ET; Art. 31 ff. des königlichen Dekrets 1483/2012; Art. 22, 24 – 28 des königlichen Dekrets 8/2020)

Voraussetzungen
  • Unternehmen können Kurzarbeit beantragen, wenn ihre Geschäftstätigkeit durch die neuen Corona-Maßnahmen beeinträchtigt wird, z.B. infolge der Beschränkungen der Personenanzahl in Geschäftsräumen, limitierter Öffnungs- /Betriebszeiten oder aufgrund der Einhaltung des Sicherheitsabstandes. Die Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit ist nachzuweisen.
Wer kann Kurzarbeit anmelden?
  • Unternehmen, die zuvor noch keine Kurzarbeit beantragt haben
  • Unternehmen, die zuvor Kurzarbeit hätten anmelden können, dies jedoch gänzlich abgelehnt oder eine zuvor beantragte Kurzarbeit bereits beendet haben
  • Unternehmen, die sich aktuell bereits teilweise in Kurzarbeit befinden und aufgrund der neuen Corona-Maßnahmen in einem oder in mehreren ihrer Niederlassungen beeinträchtigt werden.
Verfahren
  1. Mitteilung der Kurzarbeit gegenüber den Arbeitnehmer oder gegenüber Arbeitnehmervertretern (falls vorhanden)
  2. Mitteilung der Kurzarbeit gegenüber der Arbeitsbehörde (Autoridad Laboral). Die Arbeitsbehörde holt einen obligatorischen Bericht der Aufsichtsbehörde (Inspección de Trabajo y Seguridad Social) ein
  3. Entscheidung der Arbeitsbehörde innerhalb einer Frist von 5 Werktagen über das Bestehen der höheren Gewalt (Hemmung der 5-Tages-Frist bis zur Zustellung des Berichts der Aufsichtsbehörde)
  4. Bei Bestätigung der höheren Gewalt durch die Arbeitsbehörde (Autoridad Laboral), kann die Kurzarbeit eingeleitet werden. Dies ist in jedem Fall den Arbeitnehmer mitzuteilen
  5. Nach Ablauf der 5-Tages-Frist ohne Entscheidung der Arbeitsbehörde, darf das Bestehen höherer Gewalt vermutet werden.
Unterlagen
  • Formulare zur Mitteilung an die Arbeitsbehörde, inkl. Bestimmung geplanter Kurzarbeit-Maßnahmen (Aussetzung von Arbeitsverträgen/Reduzierung der Arbeitszeit)
  • Anzahl und Berufsbezeichnung der betroffenen Arbeitnehmer. Betrifft das Verfahren mehr als eine Niederlassung, sind diese Informationen gesondert je nach Niederlassungen und Provinz/autonomer Region anzugeben. Pflichtangaben bzgl. aller der betroffenen Arbeitnehmer: Ausweisnummer, Vor- und Nachname, Sozialversicherungsnummer, Datum des Eintritts im Unternehmen, Alter, Berufsbezeichnung, Spezialisierung und Gehalt pro Tag beziehungsweise Monat
  • Kriterien zur Auswahl der von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer
  • Bericht über die Auswirkungen der höheren Gewalt auf die Tätigkeit des Unternehmens. Dies ist das wichtigste Dokument, maßgebend ist die Darstellung eines klaren Zusammenhangs zwischen den von der Regierung ergriffenen Corona-Maßnahmen und deren unmittelbaren Auswirkungen auf die Tätigkeit des Unternehmens
  • Unterlagen, welche die Ursachen der höheren Gewalt belegen
  • Kopie der Mitteilung der Geschäftsführung des Unternehmens gegenüber den Arbeitnehmern oder den Arbeitnehmervertretern über den Beginn der Kurzarbeit.
Wichtigste Auswirkungen
  • Zusätzlich zu den entsprechenden Gehaltseinsparungen aufgrund der Aussetzung von Verträgen bzw. der Kürzung der Arbeitszeit, bringt die Kurzarbeit den Unternehmen folgende Befreiung von Beiträgen zur Sozialversicherung:

PROZENTSATZ DER BEFREIUNG bis zum 30. September 2020

Anzahl der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des 20.02.2020 Beschäftigte Kurzarbeit aufgrund höherer Gewalt wegen des Wiederanstiegs der Corona-Fallzahlen
Weniger als 50 Beschäftigte Inaktiv 80 %
Reaktiviert seit dem 1.7.2020 60 %
Mehr als 50 Beschäftigte Inaktiv 60 %
Reaktiviert seit dem 1.7.2020 40 %
  • Im Unterschied zu den Bestimmungen des vorherigen königliche Dekrets 8/2020 („Real Decreto-ley 8/2020“) vom 17. März, ergeben sich für die Unternehmen keine ausdrücklichen Nebenpflichten in Bezug auf Überstunden, den Erhalt des Beschäftigungsniveaus, die Auslagerung der Tätigkeit oder Neuanstellungen.

Alejandra Sanz

Wenn Sie weitere Fragen zur Beantragung von Kurzarbeit aufgrund der zweiten Corona-Welle benötigen,

Dieser Beitrag ist nicht als Rechtsberatung zu verstehen

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