Die Vorteile der spanischen Gesellschaft für ausländischen Wertbesitz (ETVE)

Ziel der vorliegenden Übersicht ist es, eine Zusammenfassung über die rechtlichen Voraussetzungen und Vorteile einer spanischen Entidad de tenencias de valores extranjeros (kurz ETVE, zu deutsch: Gesellschaft für ausländischen Wertbesitz, entspricht einer Holding) zur Verfügung zu stellen.

Hierzu soll im Folgenden, nach einer kurzen Einleitung, auf die Grundlagen der ETVE und anschließend auf die Voraussetzungen zur Gründung einer entsprechenden Gesellschaft in Spanien eingegangen werden.

Sinn und Zweck der spanischen Gesellschaft für ausländischen Wertbesitz (ETVE)

Die Regelungen zur ETVE gehören zu zahlreichen weiteren rechtlichen Normen zur Korrektur der Besteuerung von Gesellschaften.

Sinn und Zweck der ETVE ist es, die Doppelbesteuerung von Erträgen spanischer Gesellschaften aus bestimmten ausländischen Unternehmensbeteiligungen, die dadurch entsteht, dass Erträge der ausländischen Gesellschaften in ihrem Ursprungsland zur Besteuerung herangezogen werden und anschließend erneut bei der Gewinn-/Dividendenausschüttung in Spanien zu versteuern wären, einzuschränken. Dies wird dadurch erreicht, dass Erträge, die eine spanische ETVE-Gesellschaft aufgrund von Beteiligungen an nicht in Spanien ansässigen Gesellschaften generiert, in Spanien steuerfrei sind, soweit diese bestimmte, unten erläuterte, Voraussetzungen erfüllen.

Ziel der steuerlichen Sonderstellung der ETVE

Ziel dieser steuerlichen Sonderstellung ist die Konjunkturförderung mit Hilfe von Steuererleichterungen. Durch diese Privilegierung soll die Expansion spanischer Unternehmen ins Ausland und damit deren Wachstum im Inland gefördert werden. Weiterhin soll Spanien hierdurch als Investitionsstandort für ausländische Unternehmen attraktiver werden. Unterstützt wird dieses Ziel durch einige rechtliche Vorteile, die ausländische Unternehmen im Bezug auf eine Gesellschaftsgründung genießen.

Rechtliche Grundlagen der ETVE

Die ETVE ist keine eigene spanische Gesellschaftsform, sondern eine begünstigte Besteuerungsform durch eine privilegierte Veranlagung bestimmter Einnahmen. Übliche Gesellschaftsform der ETVE ist die Sociedad Anónima (S.A., entspricht einer deutschen AG) oder die Sociedad de Responsabilidad Limitada (S.R.L. oder S.L. entspricht einer deutschen GmbH). Im Folgenden ETVE-Gesellschaft genannt, unabhängig von der konkreten Gesellschaftsform.

Eine spanische Gesellschaft, die unten aufgeführte Voraussetzungen erfüllt, kann durch einfache Anzeige bei der zuständigen Finanzbehörde die privilegierte Besteuerung bestimmter Einnahmen nach den ETVE-Regelungen wählen. Diese Veranlagungsform wird dann für den folgenden Veranlagungszeitraum bis zur Abwahl der Veranlagung durch die ETVE-Gesellschaft angewendet.

Die ETVE ist eine begünstigte Besteuerungsform (Körperschaftssteuergesetz, LIS)

Rechtliche Grundlage der ETVE-Gesellschaft ist Kapitel 14 der Ley del Impuesto sobre Sociedades (kurz LIS oder Impuesto Sociedades; zu deutsch Körperschaftsteuergesetz), dass durch das Real Decreto Legislativo (Königliche Gesetzesverordnung) 4/2004 vom 3. März 2004 verabschiedet wurde. Die steuerliche Sonderbehandlung der ETVE-Gesellschaft wird im Kapitel 14 des spanischen Körperschaftsteuergesetzes in den Artikeln 116 – 119 LIS geregelt.

Artikel 116 Abs. 1 LIS des spanischen Körperschaftsgesetzes gewährt allen spanischen Gesellschaften das Recht die Veranlagung nach den Grundlagen der ETVE zu wählen, wenn deren Zweck die Verwaltung von Anteilen nicht in Spanien ansässiger Gesellschaften ist und die Gesellschaft zu diesem Zweck mit den erforderlichen personellen und sachlichen Mitteln ausgestattet ist.

Das ETVE-Modell ist international rechtskonform

Vorteil der Wahl dieses spanischen Systems gegenüber anderen ausländischen Systemen ist, dass es bereits international anerkannt ist und diesem gegenüber keine internationalen Repressionen bestehen. So haben bereits zahlreiche Länder und Institutionen, wie die USA und der Europäische Gerichtshof, das spanische ETVE-Modell als rechtskonform eingestuft.

Voraussetzungen zur Wählbarkeit der ETVE-Veranlagung

Persönliche und sachliche Mittel

Eine Voraussetzung zur Wählbarkeit der Veranlagung nach den ETVE-Regeln ist, dass keine rein passive Beteiligungsgesellschaft vorliegt. Erreicht wird dies, indem die ETVE-Gesellschaft mit den entsprechenden personellen und sachlichen Mitteln ausgestattet wird, die gewährleisten, dass eine aktive Verwaltung der Beteiligungen möglich ist. Grundsätzlich liegt eine aktive Verwaltungstätigkeit vor, wenn es der ETVE-Gesellschaft möglich ist, ihre Anteilsrechte an den nicht in Spanien ansässigen Gesellschaften auszuüben, um eine bestmögliche Dividende zu erzielen.

Nach einer Richtlinie (sog. consulta vinculante) der Dirección de Tributos (oberstes Gremium des spanischen Finanzministeriums) vom 29. Oktober 2003, ist es nicht erforderlich, dass die personellen und sachlichen Mittel eine bestimmte Mindestschwelle erreichen, jedoch darf die ETVE-Gesellschaft als Beteiligungsgesellschaft keine leere Hülle oder ein bloßes Depot für Vermögenswerte sein. Diese Voraussetzung soll erfüllt sein, wenn sich ein Gesellschafter mit der Führung der Beteiligungsverwaltung befasst.

Namenspapiere

Die Beteiligungen am Vermögen der ETVE-Gesellschaft müssen namentlich sein. D.h., dass die Wertpapiere an der ETVE-Gesellschaft auf einen bestimmten verbrieften Namen, dem Eigentümer, lauten müssen.

Mittelung an das Finanzministerium

Die Wahl der Veranlagungsform nach den ETVE-Regelungen ist dem spanischen Finanzministerium (Ministerio de Hacienda) mitzuteilen. Die Veranlagungsform wird im folgenden Besteuerungszeitraum angewendet.

Gesellschaftszweck

Die ETVE-Gesellschaft muss auf einen dauerhaften und nicht nur zeitweisen Geschäftsbetrieb zur Verwaltung von ausländischen Gesellschaftsbeteiligungen gerichtet sein. Die ETVE-Gesellschaft darf grundsätzlich nicht auf die reine Verwaltung von Mobiliar- oder Immobiliareigentum gerichtet sein.

Keine Interessenvereinigung

Die ETVE-Gesellschaft darf keine spanische oder europäische Interessenvereinigung sein.

Soweit eine dieser oder eine der folgenden Voraussetzungen durch die ETVE-Gesellschaft nicht mehr erfüllt werden, verliert sie das Recht diese Veranlagungsform zu wählen und weiter zu nutzen. Auf Anforderung der Steuerbehörden ist die ETVE-Gesellschaft verpflichtet, dass vorliegen der Voraussetzungen nachzuweisen.

Steuerliche Privilegierung der ETVE-Gesellschaft
Grundsätzlich wird die ETVE-Gesellschaft entsprechend anderer spanischer Gesellschaften zur Besteuerung herangezogen. Die Gesellschaft unterliegt somit generell der regulären Gewerbe-, Körperschaft- und Mehrwertsteuer. Wie jedoch bereits angedeutet, wird die ETVE-Gesellschaft bei der Veranlagung der Körperschaftssteuer privilegiert.

Im Bezug auf die Körperschaftsteuer ist wie folgt zu unterscheiden:

  • Erträge aus anderen Tätigkeiten als der Beteiligung an nicht in Spanien ansässigen Gesellschaften. Die Gewinne aus eigener originärer Erwerbstätigkeit der Gesellschaft werden nicht nach der ETVE-Veranlagung privilegiert. Diese Gewinne unterliegen der allgemeinen spanischen Körperschaftssteuer in Höhe von 25 %.
  • Steuerbefreiung von Erträgen der ETVE-Gesellschaft aus Anteilen an nicht in Spanien ansässigen Gesellschaften.

Die steuerliche Privilegierung der ETVE zeichnet sich dadurch aus, dass die Erträge aus Anteilen an nicht in Spanien ansässigen Gesellschaften als frei von der Besteuerung in Spanien angesehen werden. Diese Erträge müssen jedoch die in Punkt 2.5. näher erläuterten Voraussetzungen erfüllen.

Unter diese Privilegierung fallen Gewinn- und Dividendenausschüttungen der nicht in Spanien ansässigen Unternehmen, Gewinne, die aus dem Verkauf dieser Beteiligungen resultieren, Gewinnausschüttungen der ETVE-Gesellschaft an ihre Gesellschafter oder Aktionäre und auch die Ausschüttungen die bei der Auseinandersetzung der ETVE-Gesellschaft anfallen, soweit die Anteilseigner nicht aus einem sog. Steuerparadies stammen.

Für nicht in Spanien ansässige Gesellschafter bzw. Aktionäre der ETVE-Gesellschaft gilt die Fiktion, dass die Ausschüttungen der ETVE-Gesellschaft, gleich aus welchem Grund, nicht in Spanien erlangt werden. Folglich sind diese Ausschüttungen in Spanien nicht steuerbar.

Voraussetzungen zur ETVE-Veranlagung von Erträgen aus Anteilen an nicht in Spanien ansässigen Gesellschaften

  • Der ETVE-Gesellschaft muss als Gesellschaftszweck (auch) auf die Verwaltung von Erträgen aus Gesellschaftsanteilen an nicht in Spanien ansässigen Gesellschaften gerichtet sein.
  • Die Beteiligungen an diesen nicht in Spanien ansässigen Gesellschaften muss, ebenso wie oben genannte Beteiligung an der ETVE-Gesellschaft selbst, namentlich sein. D.h., dass die Wertpapiere an den nicht in Spanien ansässigen Gesellschaften auf einen bestimmten verbrieften Namen, dem Eigentümer, lauten müssen.
  • Die Beteiligungsquote an den einzelnen Gesellschaften muss mindestes 5% betragen oder einen Anschaffungswert von sechs Millionen Euro übersteigen und vor der ersten Ausschüttung, die der ETVE-Veranlagung zugeführt werden soll, seit mindest einem Jahr gehalten werden.
  • Die Erträge der nicht in Spanien ansässigen Gesellschaft müssen in ihrem Ursprungsland, entsprechend den spanischen Steuergesetzen, der Besteuerung unterworfen sein. Nicht erforderlich ist, dass in der Höhe die gleiche Steuerlast zu tragen ist. Diese Voraussetzung wird als erfüllt angesehen, wenn die Erträge aus einem Land stammen mit denen Spanien ein Doppelbesteuerungsabkommen unterhält. Generell ausgeschlossen sind jedoch Erträge von Unternehmen die ihren Sitz in sog. Steuerparadisen haben.
  • Die Erträge der nicht in Spanien ansässigen Gesellschaften, die der Ausschüttung zugeführt werden, müssen aus eigener Betriebstätigkeit der Gesellschaften stammen. Diese Voraussetzung gilt als erfüllt, wenn 85% der Erträge aus der eigenen Betriebstätigkeit stammen. Eine solche Betriebstätigkeit wird angenommen bei Produktionstätigkeiten die dem Großhandel zugeführt werden, Dienstleistungen die außerhalb Spaniens erfolgen, bestimmten Finanzdienstleistungen und auch bei der Verwaltung von Gesellschaftsbeteiligungen die ihrerseits die Voraussetzungen der ETVE-Veranlagung erfüllen.

Voraussetzungen zur Errichtung einer Gesellschaft in Spanien

Vor Gründung der Gesellschaft ist es nötig beim Handelsregister eine Negativbescheinigung über den geplanten Firmennamen zu beantragen.

Der Gründungsvertrag muss von den Gesellschaftern/Aktionären vor einem Notar unterzeichnet und öffentlich beglaubigt werden. Die Mindesteinlage zur Gründung einer S.L. beträgt 3.000 € und die zur Gründung einer S.A. 60.000 €.

Nach der Gründung der Gesellschaft muss bei der Steuerbehörde eine Steueridentifikationsnummer beantragt werden und die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen werden. Weiterhin ist, wie oben angezeigt, erforderlich, dass die gewünschte ETVE-Veranlagungsform dem Finanzministerium angezeigt wird, damit diese Veranlagungsform bereits in diesem Veranlagungszeitraum angewendet wird.

Im Falle der Beteiligung von ausländischen Gesellschaftern ist es erforderlich, dass die erfolgte Kapitaleinlage dem Finanzministerium mitgeteilt wird.

Ausländische Unternehmen genießen daneben für die Errichtung bestimmter spanischer Gesellschaftsformen Sonderrechte im Bezug auf eine unzureichende Kapitaleinlage und steuerliche Vorteile in Bezug auf Abschreibungen von Investitionen, die im gegebenen Fall von uns berücksichtigt werden.

Für den Fall, dass die Gesellschaft Arbeitnehmer beschäftigt, ist sie verpflichtet der Sozialversicherung beizutreten.

Während des Bestands der ETVE-Gesellschaft besteht, wie bei anderen Gesellschaften, die Pflicht Bücher zu führen. Die Jahresabschlüsse sind von der Gesellschafter- bzw. Aktionärsversammlung zu genehmigen und im Handelsregister zu ihrer Bekanntmachung zu hinterlegen.

Außerdem ist die ETVE-Gesellschaft verpflichtet in ihrem Jahresabschluss die erhaltenen Dividenden und Wertzuwächse ihrer ausländischen Quellen, die von der gesonderten Veranlagung profitieren, und die hierfür im Ausland gezahlten Steuern anzugeben.

Gesellschafter und Aktionäre der ETVE

Beteiligte an der ETVE können sowohl inländische wie auch ausländische natürliche oder juristische Personen sein. Hierbei kann es sich auch um einen Alleingesellschafter oder Einzelaktionär handeln. Eine gesetzliche Höchstgrenze an Gesellschaftern oder Aktionären besteht nicht.

Verwaltung der ETVE-Gesellschaft

Die Verwaltung der ETVE kann sowohl einem Einzelvertreter oder mehreren Vertretern in Einzel- oder Gesamtvollmacht sowie einem Verwaltungsrat übertragen werden. Aus praktischen Gründen raten wir dazu, dass der oder die Verwalter in Spanien ansässig sind oder dass eine entsprechende Vollmacht, die die nötigen Verwaltungsbefugnisse erteilt, an eine in Spanien ansässige Person erteilt wird.

Tätigkeit der ETVE-Gesellschaft

Die ETVE kann neben der Verwaltung von Beteiligungen an nicht in Spanien ansässigen Unternehmen, jede beliebige weitere Tätigkeit verfolgen. Jedoch unterliegen die hieraus erwachsenden Gewinne nicht der steuerlichen Privilegierung, sondern sind regulär in Spanien zu versteuern.

Fazit: ETVE ist attraktive Veranlagungsform

Die ETVE ist somit eine attraktive und bewährte Veranlagungsform für spanische Gesellschaften, die im Ausland Unternehmensbeteiligungen innehaben. Durch die spanische ETVE erreichen die Gesellschaften eine steuerfreie Gewinnübertragung ihrer Unternehmensbeteiligungen ins In- und Ausland. Dies ist für deutsche Gesellschaften attraktiv, da diese dadurch verhindern, dass ihre Kapitalerträge regulär in Deutschland versteuert werden müssen.

Alexander Rabes & Karl H. Lincke

Dieser Beitrag ist nicht als Rechtsberatung zu verstehen

Karl H. Lincke, Partner der Kanzlei, hat Rechtswissenschaften studiert und ist auf Mergers & Acquisitions, Gesellschaftsrecht und TMT spezialisiert. Arbeitssprachen: Spanisch, Deutsch und Englisch. Bitte zögern Sie nicht Karl Lincke zu kontaktieren, wenn Sie eine Anfrage diesbezüglich stellen möchten.