Individualarbeitsrecht in Spanien: Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Kündigung durch den Arbeitnehmer

Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen jederzeit ordentlich kündigen (dimisión del trabajador). Dabei muss er jedoch die tarifvertraglich vereinbarte oder die für den jeweiligen Unternehmenssektor übliche Kündigungsfrist in Spanien einhalten; andernfalls macht er sich dem Arbeitgeber gegenüber für etwa entstehende Schäden ersatzpflichtig oder verliert (teilweise) seinen Anspruch auf anteiligen Ausgleich noch nicht genommener Urlaubstage und ausstehender Vergütung (remuneración). Im Einzelnen treffen die Tarifverträge die entsprechenden Regelungen.

Daneben besteht bei Vorliegen bestimmter, gesetzlich normierter Gründe auch ein außerordentliches Kündigungsrecht des Arbeitnehmers. Je nach Kündigungsgrund unterscheiden sich die notwendigen Verfahrensschritte und die Höhe der vom Arbeitgeber zu leistenden Abfindung (indemnización). So kann der Arbeitnehmer in bestimmten Fällen das Arbeitsverhältnis einseitig auflösen, in anderen bedarf es hierzu gerichtlicher Anrufung. Die Höhe der Abfindungszahlung durch den Arbeitgeber bewegt sich dabei grundsätzlich zwischen 20 und 45 Tagesverdiensten pro Jahr der Betriebszugehörigkeit.

Ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber

Die ordentliche Kündigung eines unbefristeten Arbeitsvertrages ist stets an einen Kündigungsgrund (causa objetiva) gebunden.

Dieser kann sich ähnlich wie in Deutschland zum einen aus Umständen in der Person des Arbeitnehmers, etwa dessen Ungeeignetheit für die betreffende Arbeitsstelle oder fortgesetzter Abwesenheit vom Betrieb (absentismo laboral), mag letztere auch berechtigte Gründe haben, ergeben. Im Falle etwa der krankheitsbedingten Fehlzeiten müssen diese grundsätzlich einen Umfang von 20 % der Arbeitstage zweier aufeinanderfolgender Monate oder 25 % in vier Monaten eines Jahres erreichen.

Nicht zu den Kündigungsgründen in diesem Sinne zählen:

  • Abwesenheit im Rahmen eines legalen Streiks
  • Betriebsratstätigkeiten
  • Arbeitsunfälle
  • Fehlzeiten während der Entbindung und wegen Erkrankungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit und
  • Krankheitsbedingte Abwesenheit, wenn diese amtsärztlich bestätigt ist und eine Dauer von 20 aufeinanderfolgenden Tagen überschreitet

Zum anderen kennt auch das spanische Recht betriebsbedingte Kündigungsgründe, wenn der Arbeitgeber aus wirtschaftlichen, technischen, organisatorischen oder produktionsbedingten Gründen Arbeitsplätze abbauen muss (amortización de puesto de trabajo). Es ist jeweils Sache des Arbeitgebers, die schwierige Situation seines Unternehmens darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die getroffene Maßnahme vernünftigerweise geeignet ist, die Lage des Unternehmens zu verbessern. Ähnlich wie in Deutschland wird dem Arbeitgeber dabei ein gerichtlich nicht überprüfbarer Spielraum für seine freie unternehmerische Entscheidung zugestanden.

In der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei. Allerdings differenziert die Rechtsprechung zum Teil nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Betriebsratsangehörige (representantes de los trabajadores) sind ebenfalls privilegiert, ihnen darf erst zuletzt gekündigt werden.

Um wirksam ordentlich zu kündigen, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kündigung und deren Grund schriftlich mitteilen. In dem Schreiben ist dem Arbeitnehmer zugleich eine Abfindungszahlung in Höhe von 20 Tagesverdiensten pro Jahr der Betriebsangehörigkeit anzukündigen. Die maximale Abfindungshöhe beläuft sich auf 12 Monatsgehälter. Die schriftlich mitzuteilende Kündigungsfrist beträgt 30 Tage ab Zugang der Kündigungserklärung. Während dieser Zeit ist der Arbeitnehmer wöchentlich für sechs Stunden freizustellen, um der Stellensuche nachgehen zu können. Im Falle der betriebsbedingten Kündigung muss die Kündigungserklärung dem Betriebsrat zur Kenntnisnahme zugeleitet werden.

Außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber

Die außerordentliche Kündigung ohne Einhaltung einer Frist ist möglich, wenn sich der Arbeitnehmer einen schweren und schuldhaften Verstoß (incumplimiento grave y culpable) zu Schulden kommen lässt. Hierunter fasst das Gesetz folgende Fälle:

  • Fortgesetztes und ungerechtfertigtes Fernbleiben von der Arbeitsstelle sowie wiederholte Unpünktlichkeit;
  • Disziplinlosigkeit und Nichtbefolgen von Vorgaben und Weisungen des Arbeitgebers;
  • verbale und körperliche Übergriffe auf den Arbeitgeber, andere Arbeitnehmer und deren Familienangehörige;
  • notorische, auf dem freien Willen des Arbeitnehmers beruhende Reduzierung der Arbeitsleistung;
  • Alkoholismus und Drogensucht und
  • als Auffangklausel: bewusst treuwidriges Verhalten (hierzu wird etwa die unbefugte private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz gezählt: Entscheidung des Obersten Justizgerichtshofs Madrid vom 13. November 2001)

Stets erforderlich ist, dass es sich um verschuldete und wiederholte Übertritte des Arbeitnehmers handelt. Einmaliges Fehlverhalten genügt grundsätzlich nicht. Regelmäßig werden dem Kündigungsausspruch als letztem Mittel eine oder mehrere Abmahnungen (amonestación) vorausgehen.

Der Arbeitgeber hat die Kündigung schriftlich unter Angabe der Tatsachen, die den Kündigungsgrund bilden und des Tages, von dem an das Arbeitsverhältnis als aufgelöst gelten soll, innerhalb von 60 Tagen ab Kenntnis des Fehlverhaltens des Arbeitnehmers auszusprechen.

Tatsachengrundlage für den Kündigungsgrund

Tatsachen für Kündigungsgrund angeben: Wichtig ist hierbei die genaue Wiedergabe der Tatsachengrundlage für den Kündigungsgrund, da nur diese in einem späteren Kündigungsschutzverfahren vorgetragen werden kann.

Der Betriebsrat ist von der Kündigung zu informieren. Bei einem Verstoß gegen diese formalen Anforderungen ist die Kündigung rechtswidrig; der Arbeitgeber kann diese Konsequenzen aber vermeiden, indem er innerhalb von 20 Tagen nach der ersten Kündigung eine erneute formwirksame Kündigung ausspricht. Ab Wirksamwerden der Kündigung endet das Arbeitsverhältnis, und der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem gekündigten Arbeitnehmer die ausstehende Vergütung und einen anteiligen Ausgleich aller Sonderzahlungen und noch nicht genommener Urlaubstage zu bezahlen (liquidación).

Kündigungsschutzverfahren

Um gegen die Wirksamkeit der Kündigung vorzugehen, muss der Arbeitnehmer grundsätzlich innerhalb der auf den Kündigungsausspruch folgenden 20 Werktage Klage zum Arbeits- und Sozialgericht (Juzgado de lo Social) erheben.

Diese Ausschlussfrist wird allerdings unterbrochen durch:

  • die zwingend vor dem Gerichtsverfahren stehende Einleitung des Schiedsverfahrens (conciliación) vor dem zuständigen öffentlichen Schlichtungsorgan und
  • den das Schlichtungsverfahren ersetzenden Einspruch (reclamación previa) im Falle eines öffentlichen Arbeitgebers.

Kommt hierdurch eine Einigung nicht zustande, kann die Sache vor den Arbeitsrichter gebracht werden. Hier findet ein letzter Versuch statt, die Streitigkeit gütlich beizulegen: das gerichtliche Schiedsverfahren (conciliación judicial). Sollte auch dieses ergebnislos enden, schließt sich der streitige Arbeitsprozess an, an dessen Ende die Kündigung entweder für berechtigt (procedente), unberechtigt (improcedente) oder nichtig (nulo) erklärt wird.

Der Ausspruch der berechtigten Kündigung bestätigt die Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Im Falle der unberechtigten Kündigung wird dem Arbeitgeber innerhalb der auf die Bekanntgabe der Entscheidung folgenden fünf Tage ein Wahlrecht eröffnet: entweder er beschäftigt den Arbeitnehmer zu unveränderten Bedingungen weiter (readmisión) oder er findet ihn entsprechend ab (indemnización). Wird das Wahlrecht nicht fristgemäß ausgeübt, versteht sich dies als Wille zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers. Wird der Weg der Abfindungszahlung gewählt, liegt deren Höhe bei 45 Tagesverdiensten pro Jahr der Betriebsangehörigkeit bis zu einem Maximum von 42 Monatsgehältern. Handelt es sich bei dem gekündigten Arbeitnehmer um ein Mitglied des Betriebsrats, so hat der Arbeitnehmer die Wahl zwischen den diversen Folgen der Kündigung.

In beiden Fällen – Weiterbeschäftigung und Abfindungszahlung – hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Leistung einer Interimszahlung in Höhe seines regulären Gehalts (salarios de tramitación) für die Zeit zwischen Kündigung und Wiedereingliederung bzw. Bekanntgabe der gerichtlichen Entscheidung. Wird das Urteil erst mehr als 70 Werktage nach Klageerhebung verkündet, kann der Arbeitnehmer vom Staat die Übernahme der Interimszahlung verlangen, soweit sie diesen Zeitraum überschreitet.

Die Kündigung kann aus folgenden Gründen für nichtig (nulo) erklärt werden, d. h. es handelt sich im eigentlichen Sinne um Kündigungsverbote:

  • Die Kündigung erfolgt unter Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot.
  • Die Kündigung verletzt wesentliche Grundrechte und Grundfreiheiten des Arbeitnehmers, etwa indem sie die freie Meinungsäußerung im Betrieb sanktioniert.
  • Der Ausspruch der Kündigung oder deren Wirksamwerden erfolgt während der Aussetzung des Arbeitsverhältnisses (suspensión del contrato de trabajo) wegen Mutterschaft oder risikoreicher Schwangerschaft.
  • Die Kündigung erfolgt während der Schwangerschaft.
  • Die Kündigung richtet sich gegen Arbeitnehmer, die während der Stillzeit aussetzen (permiso por lactancia) oder wegen der Betreuung eines Kleinkindes unter sechs Jahren oder eines behinderten Menschen in Teilzeit arbeiten.
  • Die Kündigung erfolgt gegenüber einem Arbeitnehmer, der unbezahlte Freistellung (excedencia) für die Erziehung eines Kleinkindes unter drei Jahren oder die Pflege eines Familienangehörigen beantragt hat oder bereits genießt.

Die Nichtigerklärung der Kündigung zieht die Verurteilung des Arbeitgebers zur sofortigen Wiedereingliederung des Arbeitnehmers (inmediata readmisión) sowie zur Nachzahlung der Vergütung ab Kündigung nach sich. Diese Interimszahlung kann in diesem Fall nicht – teilweise – auf den Staat übergewälzt werden.

Das erstinstanzliche Urteil kann innerhalb von fünf Tagen nach Verkündung von jeder der Parteien beim Ausgangsrichter angefochten werden.

Aufhebungsverträge

Arbeitsverhältnisse können nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit auch einvernehmlich durch Aufhebungsvertrag beendet werden.

Dieser Beitrag ist nicht als Rechtsberatung zu Verstehen

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Karl H. Lincke, Partner der Kanzlei, hat Rechtswissenschaften studiert und ist auf Mergers & Acquisitions, Gesellschaftsrecht und TMT spezialisiert. Arbeitssprachen: Spanisch, Deutsch und Englisch. Bitte zögern Sie nicht Karl Lincke zu kontaktieren, wenn Sie eine Anfrage diesbezüglich stellen möchten.