Standortwechsel von Unternehmen mit Firmensitz in Katalonien

Aktuelle Lage der Unternehmen in Katalonien

Tag um Tag erhöht sich die Anzahl der Unternehmen mit Firmensitz in Katalonien die einen Standortwechsel vollziehen.

Die beiden wichtigsten katalanischen Banken Caixabank und Banco Sabadell verlegten ihren Firmensitz nach Valencia und Alicante. Auch in anderen Branchen sieht es nicht anders aus: Gas Natural Fenosa, eines der größten Energieunternehmen verlegt seinen Hauptsitz nach Madrid.

Die größten Versicherungen und Immobilienunternehmen der Region Catalana Occidente, VidaCaixa, SeguraCaixa und Colonial verlegten ihre Hauptsitze ebenfalls nach Madrid.

Selbst Freixenet, einer der wichtigsten und größten Schaumweinhersteller Spaniens und der Inbegriff des katalanischen “Cava”, zieht in Erwägung Katalonien zu verlassen, falls sich die Unruhen nicht beruhigen sollten.[i]

Von dem Aktienindex IBEX 35, das die 35 größten Unternehmen in Spanien umfasst, ist Grifols das momentan einzige, welches noch in der Region Katalonien sesshaft ist. Andere Teilnehmer des Indexes, wie beispielsweise Caixabank, Abertis, Gas Natural Fenosa und Banco Sabadell verließen die Region Katalonien im Rahmen der Streitigkeiten um die Unabhängigkeit    Kataloniens [ii] .

Was sind die Gründe der Standortverlegungen?

Eine tatsächliche Abspaltung von Spanien wäre zunächst vor allem problematisch für die Banken, da ein eigenständiges Land Katalonien zunächst kein Mitglied der EU wäre und als Konsequenz davon die Einlagefonds nicht mehr durch die Europäische Union gedeckt wären. Das würde für jede Bank das unverhältnismäßige Risiko einer Insovenz mit sich bringen.

Ein weiterer wichtiger Grund die Region zu verlassen, ist die mangelnde Rechtssicherheit, da nicht absehbar ist, was sich in den nächsten Monaten passieren wird.

In Folge der schon begonnenen Abwanderung durch katalanische Unternehmen fürchten viele verbliebene Unternehmen eine darauf folgende Abwanderungswelle von Fachkräften. Ein Teufelskreis zu Lasten Kataloniens.

Problematisch für mittelständische Unternehmen ist der Boykott, den viele spanische Staatsbürger gegenüber katalanischen Produkten ausüben könnten. Die Mehrzahl der Produkte werden innerhalb Spaniens verkauft. Sollte dieser Markt wegbrechen, wäre dies eine enorme Herausforderung für katalanische Unternehmen. Ziehen solche Unternehmen allerdings in andere Regionen Spaniens werden die Produkte möglicherweise nicht mehr als katalanische wahrgenommen und deshalb weniger virulent boykotiert.

Darüber hinaus wird gerade im Bereich des Tourismus ein Umsatzrückgang von 1,2 Mrd. Euro prognostiziert. Schon aktuell ist ein Reservierungsrückgang von etwa 20 – 30 % feststellbar[iii].

Die Ratingagentur Fitch stufte die Region Katalonien am 5. Oktober 2017 langfristig auf BB runter, was als eine spekulative Anlagenkategorie anzusehen ist. Kurzfristig wurde die Region sogar mit B geratet.[iv]

Rechtliches zum Standortwechsel

Eine zusätzliche rechtliche Erklärung für die buchstäbliche Unternehmensflucht liegt in der Änderung des Gesetzes für Kapitalgesellschaften, der Ley de Sociedades de Capital, kurz LSC. Wodurch die Voraussetzungen für einen Standortwechsel stark vereinfacht wurden.

Am 6. Oktober 2017 änderte der spanische Kongress durch Beschluss den Artikel 258 Abs. 2 LSC dahingehend, dass es bei einer nationalen Standortverlegung nicht mehr die Mehrheit der Gesellschafterversammlug braucht, sondern ein einfacher Beschluss durch das Geschäftsführungsorgan ausreichend ist.

Diese vereinfachten Bedingungen sind in den letzten Wochen vielfach auf ein positives Echo, insbesondere bei großen Unternehmen mit einer hohen Anzahl von Gesellschaftern bzw. Aktionären gestoßen. Zuvor genannte Unternehmen mit Firmensitz in Katalonien konnten somit wesentlich einfacher einen Standortwechsel in andere Gebiete Spaniens vollziehen.

Christian Lederer & Karl H. Lincke

Dieser Beitrag ist nicht als Rechtsberatung zu verstehen


[i] El Periódico, http://www.elperiodico.com/es/economia/20171023/empresas-se-van-de-cataluna-independencia-6335670, aufgerufen am 20. Oktober 2017

[ii] El Economista (http://www.eleconomista.es/mercados-cotizaciones/noticias/8675968/10/17/Grifols-la-unica-que-sigue-en-Cataluna-del-Ibex-vende-en-monopolio-a-las-CCAA-.html) aufgerufen am 16. Oktober 2017

[iii] Neue Züricher Zeitung (https://www.nzz.ch/wirtschaft/immer-mehr-firmen-verlassen-katalonien-ld.1322611) aufgerufen am 19. Oktober 2017

[iv] https://www.datosmacro.com/ratings/espana-comunidades-autonomas/cataluna, aufgerufen am 23. Oktober 2017

Karl H. Lincke, Partner der Kanzlei, hat Rechtswissenschaften studiert und ist auf Mergers & Acquisitions, Gesellschaftsrecht und TMT spezialisiert. Arbeitssprachen: Spanisch, Deutsch und Englisch. Bitte zögern Sie nicht Karl Lincke zu kontaktieren, wenn Sie eine Anfrage diesbezüglich stellen möchten.